Graues Gebäude – Haus der Materialisierung – in Berlin

Haus der Materialisierung:
das Zentrum für Nachhaltigkeit

Willkommen im Haus der Materialisierung in Berlin! Hier fördern Initiativen in Werkstätten und mit Workshops die klimaschonende Nutzung von Ressourcen und nachhaltiges Wirtschaften – und helfen, eigene Bauideen umzusetzen. Unsere Autorin probierte es aus.

Beistelltisch selbst bauen

Es ist mein erstes Mal an der Kappsäge. Doch Andrea Hüttche steht mir zur Seite: „Schau, hier schaltest du an, und dann ziehst du das Sägeblatt einmal bis nach ganz unten durch.“ Die 51-Jährige ist gelernte Tischlerin und arbeitet für den Verein Baufachfrau Berlin – dazu später mehr. Hier im Haus der Materialisierung (HdM) unterstützt sie als eine von zwei Betreuerinnen Teilnehmende der offenen ReUse-Holzwerkstatt bei der Umsetzung ihrer Ideen und (Upcycling-)Projekte.

Unter ihrer handwerklichen Anleitung will ich heute einen kleinen Beistelltisch bauen. Die Materialien dafür, eine alte Holzschublade und ein paar Leisten, habe ich für wenig Geld im Gebrauchtmaterial-Markt nebenan gefunden – bei Kunst-Stoffe e. V., einer weiteren Initiative, die sich im HdM, einem zweistöckigen Plattenbau am Berliner Alexanderplatz, angesiedelt hat.

Vom Leihladen bis zur Textilwerkstatt

Und das ist beileibe nicht alles im Haus der Materialisierung.

Daneben gibt es:

• eine Fahrrad- sowie eine Textilwerkstatt,
• mehrere Stoff- und Materialmärkte,
• einen Leihladen, in dem Werkzeuge, Haushaltsgegenstände, aber auch Outdoor-Equipment ge- und verliehen werden können.

Dazu finden sich:

• ein Foodsharing-Café,
• eine Druckerei,
• Künstler, gemeinnützige Vereine, aber auch kleine Start-ups, die sich mit unterschiedlichen Facetten des nachhaltigen Wirtschaftens auseinandersetzen.

Denn darum geht es in dem vom Berliner Senat geförderten Projekt: Ob selbst organisiert als freie Selbstständige oder (teil-)gefördert in verschiedenen Zusammenschlüssen und Geschäftsmodellen wird im HdM eine klimaschonende Ressourcennutzung geübt, angeleitet und darüber aufgeklärt.

Werkeln unter Anleitung

An zwei bis drei Nachmittagen in der Woche laden die Werkstätten Besucher ein, selbst aktiv zu werden. Dann kann jeder, der will, betreut werkeln und reparieren. Daneben bieten einige Initiativen spezielle Workshops an, in denen

• Jeans geflickt,
• Elektrogeräte wieder instandgesetzt (Lesetipp: Reparieren statt wegwerfen!),
• Leuchten gebaut oder
• Lebensmittelreste weiterverwertet werden.

Außerdem gibt es Führungen durch das Haus und den eigenen urbanen Garten.

In der ReUse-Holzwerkstatt von Baufachfrau Berlin e. V., einem anerkannten Bildungsträger für Frauen und nicht binäre Menschen in Bau- und Ausbauberufen, geht es um die Wieder- und Weiterverarbeitung von Gebrauchtmaterialien als Alternative zum Neukauf. Die offenen Nachmittage in der umfangreich ausgestatteten Tischlerwerkstatt sind gut besucht, die Projekte, die hier umgesetzt werden, vielfältig, erzählt Andrea.

Lange Leiste fürs Tischgestell

Für meinen Beistelltisch möchte ich eine alte Holzschublade mit einem selbst gebauten Tischgestell versehen. Eine lange Leiste liefert mir dafür das nötige Material. Jetzt muss ich sie nur noch in viele Einzelteile zersägen und anschließend neu zusammenfügen. Dabei interessieren mich vor allem die Dübelverbindungen, denn bisher habe ich Holz immer einfach miteinander verschraubt. (Lesetipp: Holzverbindungen herstellen)

Und so freue ich mich über die professionelle Anleitung, die ich an dem offenen Nachmittag kostenlos dazubekomme. Andrea, die seit Anfang 2022 bei den Baufachfrauen ist, bespricht mit mir die nötigen Schritte, bevor ich mich schließlich mit Zollstock, Bleistift und Holzleiste ans Werk mache. Etwas aufgeregt bin ich schon, als ich die Kappsäge einschalte. Das laut rotierende Sägeblatt hat eine beeindruckende Größe und schneidet das Holz wie Butter. Doch nach zwei, drei Schnitten bekomme ich ein Gefühl für die Maschine.

Video-Tipp: So funktioniert die Kapp- und Gehrungssäge

Flur im Materiallager im Haus der Materialisierung Flur im Materiallager im Haus der Materialisierung

Spenden und Schulterblick

So manches Material, das im HdM verarbeitet wird, stammt vom Verein Kunst-Stoffe oder aus dem Fundus der MaterialMafia, einem weiteren Gebrauchtmarkt im Haus. Vieles ist auch als Spende hier gelandet. Meist kommen die Leisten, Platten und Planen aus kleinen Kulturbetrieben, von Künstlern oder Unternehmen. Aber es sind auch Privatleute, die nicht mehr benötigtes Baumaterial so wieder in Umlauf bringen.

Für mich geht es weiter mit dem Kantenfasen, dem feinen Abschrägen der Einzelteile meines späteren Tischgestells, um mögliches Absplittern zu vermeiden und das Möbelstück griffiger zu machen. Damit dabei nichts schiefgeht, gibt Andrea bei jeder Maschine eine kurze Einführung. Anschließend schaut sie mir immer mal wieder über die Schulter, bis die beiden Rahmen meines Beistelltisches endlich Form annehmen. Ganz fertig bin ich noch nicht, aber schon jetzt stolz auf mein neues, selbst gebautes Möbelstück.